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Deutsches Seminar

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Prof. Dr. Lena Rohrbach


 

Laufende Forschungsprojekte

Nachhallende Netzwerke. Diskursive, räumliche und personelle Knotenpunkte altnordistischer Forschungsparadigmen (1650-1950) (2023-26)

Projektleitung: Prof. Dr. Lena Rohrbach und Prof. Dr. Lukas Rösli (HU Berlin)

SNF/DFG-Weaveprojekt

Das binationale Forschungsprojekt (Universität Basel und Humboldt-Universität zu Berlin) untersucht die Ursprünge, Setzungen und Implikationen zentraler Forschungsparadigmen in der internationalen Forschung zum skandinavischen Mittelalter. Ausgehend von Bruno Latours Akteur-Netzwerktheorie werden zentrale Begriffe und Konzepte des Fachs im Zeitraum von den ersten Anfängen der Disziplin im 17. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf ihre ursprüngliche Bildung ebenso wie ihre nachhallende Fortwirkung in komplexen Netzwerken von Forschenden, Forschungsinstiutionen und Texten untersucht.

Die verschiedene Teilprojekte werden besonders einflussreiche Setzungen solcher Begrifflichkeiten der Altnordistik in Fallstudien in den Fokus setzen, die das Fach massgeblich geprägt haben und bis in die Gegenwart hinein nachwirken. Untersucht werden sollen (1) die Anfänge der Textkritik in den Zirkeln der isländisch-dänischen Philologen der ersten Stunde im 17. Jahrhundert, (2) die Entwicklung und nationale Vereinnahmung von Vorstellungen einer nordischen Mythologie vor und während der Periode der Romantik, (3) nationale Ausdeutungen und Konzeptualisierungen isländischer mündlicher Erzähltraditionen als Volksliteratur im Zuge von Sammelaktivitäten im 19. Jahrhundert in der Tradition der Gebrüder Grimm, (4) die Schaffung der Idee eines isländischen Freistaats als Ideal einer vormodernen Staatsform im Umkreis des Münchner Altnordisten Konrad Maurer, (5) die in Nordistik wie Germanistik äusserst wirkmächtige Setzung von Vorstellungen einer germanischen Dichtung in der Tradition des Berliner und Basler Altnordisten Andreas Heusler. Diese Fallstudien werden von epochenübergreifenden Untersuchungen von nachhallenden Konzepten von Autorschaft und Gattung in der Tradition des Fachs ergänzt.

Das Forschungsprojekt wird neue Erkenntnisse zu wirkmächtigen Netzwerken des Fachs über drei Jahrhunderte hinweg generieren und herausarbeiten, wie einzelne Forschungsparadigmen Generationen von Forschung geprägt und das Forschungsfeld als solches auch bestimmen und generieren.

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Abgeschlossene Forschungsprojekte

Romanhaftwerden. Skandinavische Prosaliteratur der späten Vormoderne (2020-23)

Projektleitung: Prof. Dr. Klaus Müller-Wille und Prof. Dr. Lena Rohrbach

SNF-Projekt

Das Projekt nimmt in einem breiten Zugriff die Überlieferung von Erzählliteratur im Übergang von der Vormoderne in die Moderne in den skandinavischen Ländern in den Blick. Das Projekt widmet sich einer bisher in der Forschung wenig beachteten Übergangsphase der skandinavischen Literaturgeschichte und profitiert von der Verbindung der skandinavistisch-mediävistischen und der neuskandinavistischen Expertise der beiden Gesuchsteller. Untersuchungsgegenstand ist die Prosaüberlieferung des langen 18. Jahrhunderts aus Dänemark, Island und Schweden, die auf erzählerische Neuformen hin untersucht werden sollen, die als Romanhaftwerdung im Sinne Michail Bachtins gelesen werden können. Das Projekt wendet sich dezidiert von einer Definition des Romans als historisch verortbarer Gattung mit statischen bzw. festen Gattungscharakteristiken ab und nimmt vielmehr Reformierungen von Konstituenten des Erzählens in verschiedenen Gruppen von Prosatexten in den Blick, die teilweise auf eine jahrhundertelange eigene Tradition zurückgreifen (wie im Falle der isländischen Sagaliteratur), teilweise zeitgenössische kontinentaleuropäische Entwicklungen adaptieren (wie im Falle skandinavischer Briefromane oder Robinsonaden). Der Fortsetzung eigener Traditionslinien wie dem Aufgreifen europäischer Trends gemeinsam ist eine zunehmende Selbstreflexivität erzählerischer wie textueller und medialer Verfasstheit im Laufe des 18. Jahrhunderts. Die exemplarische Aufarbeitung des in der Forschung nahezu unbeachtet gebliebenen Materials soll für die Entwicklung einer Reihe von theoretisch zugespitzten Fragen genutzt werden, die Fragestellungen der historischen Narratologie und der historischen Mediologie in Richtung einer Formierung einer mediologisch orientierten historischen Narratologie zueinander in Beziehung setzen. Eine solcherart historisch wie mediologisch informierte Narratologie wird für den skandinavischen Kontext und darüber hinaus einen dynamischeren, offeneren Gattungsbegriff des Romans eröffnen, der historisch veränderlichen Formen des Erzählens Rechnung trägt und diese Veränderungen als konstituierendes Element in der Formierung und Reformierung von Gattungen identifiziert.

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Aesthetics of Protestantism in Northern Europe (2018-19)

gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Grage (Freiburg) und Prof. Thomas Mohnike (Strasbourg)

gefördert mit EUCOR-Seed Money

The project aims to analyze the significance of Protestantism for the aesthetics of Nordic cultures. The Reformation was established and institutionalized in the Nordic countries statewide and enduringly within a few decades as the state church either until now or until very recently. The fundamental thesis is that it was not only one of the most important political factors in the political, social and ecclesiastical history of Scandinavia, but that it has also had a deep impact on cultural life in all its forms until today: on literature, visual arts, music, on both high and popular culture, on cultural practices and performances. The repercussions concern content (presence of Christian inter-texts) and form: We might detect a predilection for simplicity, logocentrism, purism, worldliness as obligation, tension between individualism and collectivism and in consequence a tendency to prefer aesthetic forms as subjective poetry, autobiography and engaged literature. Protestantism as a common denominator of Nordic cultures calls attention to the significant common ground of different characteristics and developments, on special features compared with other cultural areas and on the tension-filled dynamics of Nordic cultures on the background of other transnational developments.

Medieval Narratology. Narrative Formen und Funktionen im Mittelalter (2014-2017)

Wissenschaftliches Netzwerk (DFG)

Das DFG-geförderte Netzwerk leistet unter der Leitung von Prof. Dr. Eva von Contzen einen Beitrag zur historischen Erzählforschung und setzt sich zum Ziel, die Narratologie um die Parameter mittelalterlichen Erzählens zu erweitern. Im intensiven interdisziplinären Austausch erarbeiten MediävistInnen verschiedener Disziplinen die Formen und Funktionen mittelalterlichen Erzählens und entwickeln, ausgehend von zentralen Fragen der Erzähltheorie, theoretische Modelle einer Narratologie mittelalterlicher Literatur. Im Mittelpunkt stehen Fragen der Perspektive und Perspektivierung, Erzähl(er)haltung, Figurendarstellung, narrativen Logik und Sequenzierung sowie der Fiktionalität des erzählenden Textes in seinem konkreten historischen Kontext. Der Schwerpunkt liegt auf Texten der Heldenepik, Romanen und religiöser Literatur, die zwischen 1200 und 1500 verfasst wurden. Im fachübergreifenden Diskurs werden zunächst die fachspezifischen Forschungsansätze ausgetauscht, um im nächsten Schritt die Historizität erzählender Texte theoretisch zu verankern und literaturhistorisch einzuordnen. Das Netzwerk fördert und stärkt somit die Kommunikation der einzelnen Fachbereiche untereinander, bündelt gemeinsame Interessen bezüglich der Erzählforschung und entwickelt historisch konkret sowie geographisch wie linguistisch umfassend flexible Modelle mittelalterlicher Erzählpraktiken, von denen nicht nur die Narratologie insgesamt profitieren wird, sondern die auch literaturgeschichtlich eine diachrone Betrachtung erzählender Texte theoretisch fundiert ermöglichen.

Die Macht der Ordnung. Textuelle Umformungen und paratextuelle Apparate in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen skandinavischen Rechtsbuchhandschriften

Buchprojekt, 2013-14 gefördert aus Mitteln der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern

Der Einfluss materieller und medialer Aspekte auf den Bedeutungsgehalt mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Texte im Allgemeinen und der altnordischen Literatur im Besonderen ist erst in jüngerer Zeit in den Blickpunkt mediävistischer Forschung gerückt. Das vorliegende Forschungsprojekt greift für die mittelalterlichen Rechtsbuchhandschriften des ost- und westnordischen Raums (Däne­mark, Schweden, Norwegen und Island) ebendieses Desiderat auf und untersucht die materielle und mediale Entwicklung der Handschriften vor dem Hintergrund sich ändernder sozialer Funktionen der Rechtsbücher im Laufe des Spätmit­telalters. Dezidiertes Ziel des Forschungsprojektes ist es auch, neue Erkenntnisse zur Entwicklung administrativer Schriftpraktiken im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Skandinavien zu gewinnen. Dabei wird auch der Einfluss der Hand­schriftentradition des gelehrten Rechts und des aufkommenden Buchdrucks auf festzu­stellende Veränderungen in der Handschriftentradition mit in den Blick genommen. Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes stehen besondere Veränderungen auf textueller Ebene (Hybridformen, Abece­darien, systematisch geordnete Kurzfassungen etc.) sowie die Ausstattung mit paratextuellen Apparaten (Kopf­zeilen, Überschriften, Nummerierungen, Inhaltsverzeichnisse, Register etc.).

The Realm of Norway and its dependencies as a political system, c. 1270-1400

Kooperatives Buchprojekt (Projektleiter Prof. Steinar Imsen)

Das vom Norwegischen Forschungsrat geförderte Projekt widmete sich aus transnationaler Perspektive dem Aufkommen und Bestehen des sogenannten Norwegischen Reiches mit seinen abhängigen Regionen (Norgesveldet) ab der Mitte des 13. Jahrhunderts. Das Projekt wurde mit dem 2014 erschienenen Band Rex Insularum. The King of Norway and His skattlands as a political system c. 1260 - c. 1450 abgeschlossen. In diesem Buch verfolgen Prof. Steinar Imsen (Trondheim, Projektleitung), Dr. Randi Wørdahl (Trondheim), Dr. Magne Njåstad (Trondheim), Ian Grohse (Trondheim), Prof. Helgi Þorláksson (Reykjavík), Prof. Jón Viðar Sigurðsson (Oslo), Prof. Eldbjørg Haug (Bergen) und Prof. Dr. Lena Rohrbach (HU Berlin) Fragen nach den Bedingungen und Spezifika des Norgesveldet. Neben einer grundlegenden Einführung in die generelle Struktur des Norgesveldet wird die Bedeutung der Kirche und der unter König Magnús lagabætir erlassenen Gesetze für den Zusammenhalt des politischen Gebildes ebenso beleuchtet wie Bemühungen, den regionalen Unterschieden und Bedürfnissen gerecht zu werden. Durch das gesamte Buch hinweg wird dabei unter anderem der Rolle der Schriftlichkeit, der Ausbildung von Eliten und der Bildung von Netzwerken nachgegangen. Geographisch werden vor allem die Regionen Island, Shetland und die Orkneys, die Nordkalotte und Jämtland behandelt.


Schwerpunkte

  • Medialität und Materialität
  • Vormoderne Textualität
  • Schrift und Schriftreflexion
  • Gattungsinterferenzen
  • Historische Narratologie
  • Diskursgeschichte der mediävistischen Skandinavistik
  • Isländische Literatur der Vormoderne
  • Frühneuzeitliche skandinavische Gelehrtenkultur


Weiterführende Informationen

Illustration
Anna Katharina Heiniger, Rebecca Merkelbach, Alexander Wilson (Hrsg.): þáttasyrpa - Studien zu Literatur, Kultur und Sprache in Nordeuropa, Festschrift für Stefanie Grooper. Tübingen: Narr Francke Verlag 2022

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Lukas Dettwiler: Am Wortgrund: Zur Poetik im Werk Göran Tunströms. Tübingen: Narr Franke Verlag 2022

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Joachim Grage/Thomas Mohnike/Lena Rohrbach (Hrsg.): Aesthetics of Protestantism in Northern Europe. Exploring the Field. Turnhout: BREPOLS 2022