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Die Forschung am Deutschen Seminar wird auch in Ausstellungen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
07.10.2023 - 07.01.2024
Kurator:innen:
Prof. Dr. Christine Lötscher, Prof. Dr. Klaus Müller-Wille
Abenteuerliche Geschichten, einprägsame Figuren und fantastische Illustrationen: Wie Kinder in Bilderbüchern, Romanen und Filmen gezeigt werden, spiegelt immer auch, wie sich Erwachsene die Kindheit vorstellen – eine Vorstellung, die sich seit der Moderne fortwährend verändert. Besonders deutlich wird dies an der Figur des «enfant terrible», des wilden, anarchischen oder gar bösen Kindes.
Bereits in der Romantik tauchen in der Literatur Kinder auf, die über eine eigenartige Sicht auf die Welt verfügen – eine Sicht, die sich auch der einfachen Abgrenzung von Kindern und Erwachsenen entzieht. Mit der Moderne verstärkt sich die literarische Auseinandersetzung mit dem «enfant terrible», das bürgerliche Normen in Frage stellt, zusehends. Verstörende Erlebnisse und faszinierende Welten von Struwwelpeter über Pinocchio bis Pippi Langstrumpf zeigen die Kindheit als Sehnsuchtsort, aber auch als Kulminationspunkt zahlreicher Ängste.
Zwar gibt es seit 1900 viele Versuche, die Unterscheidung von Kindern und Erwachsenen mit Rückgriffen auf Anthropologie, Entwicklungspsychologie, Philosophie oder «childhood studies» zu stabilisieren, doch gleichzeitig unterlaufen viele Autorinnen und Autoren genau diese Unterscheidungen immer wieder. Die sogenannte Kinderliteratur – die sich immer auch an Erwachsene wendet – ist eine einzigartige Konstellation, um sich mit dem Anderen zu befassen. Denn alle Erwachsenen teilen die Erfahrung, selbst einmal Kinder gewesen zu sein – und zugleich das Wissen, es nun nicht mehr zu sein.
Anhand zahlreicher Texte, Illustrationen und Filmsequenzen sowie Interviews mit Expert:innen beleuchtet die Ausstellung unheimliche Kindheitsimaginationen des 19. und 20. Jahrhunderts und stellt die Frage, warum das Erzählen vom «enfant terrible» gerade in der Gegenwartskultur wieder an Bedeutung gewinnt.
Vernissage: 06.10.2023, 18.30 Uhr
Ort: Lavaterhaus, St. Peterhofstatt, 8001 Zürich
Einführung in die Ausstellung von Christine Lötscher und Klaus Müller-Wille.
Das Autorenpaar Julia Weber und Heinz Helle spricht über Kindheit und das Schreiben darüber.
Mit anschliessendem Ausstellungsbesuch und Apéro
Strauhof Zürich in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich und dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM)
Was für eine Rolle spielt Staunen in Kinderbüchern vor dem 20. Jahrhundert? Diese Frage steht im Mittelpunkt der digitalen Ausstellung «Staunen im Kinderbuch», die aus Forschungen des SNF-Sinergia-Projektes «The Power of Wonder» an der Universität Zürich hervorgegangen ist. Konzipiert wurde die Ausstellung von Mireille Schnyder und Daniela Hahn und grafisch umgesetzt von der Designagentur resort aus Zürich. In Kooperation mit dem Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM) präsentiert die digitale Ausstellung über 100 Exponate aus 55 Werken von der Mitte des 17. bis Anfang des 20. Jahrhunderts.
Anhand der Exponate und Audiotexte können die Besucher:innen entdecken, wie sich die Gegenstände, Formen, Ziele und Wertungen des kindlichen Staunens, das sich in Fragen nach dem Was, Wie, Woher, Warum ausdrückt, über die Jahrhunderte veränderten. Auf diese Weise führt die Ausstellung in eine Geschichte des Kinderstaunens als eine Kultur- und Gesellschaftsgeschichte ein und eröffnet gleichzeitig auch Einblicke in eine Geschichte der Imagination, der Kunst, der Literatur und der Pädagogik.