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Deutsches Seminar

Poetikvorlesung 1998: Volker Braun

Ort des Dichtens

«die frage ist: wie geraten wir an den ernsten ort, zufällig oder absichtlich, unausweichlich, ist er die harte gunst der geschichte oder/und persönliche entscheidung? und wie schreitet der text den ort aus und die zeit.» «Wie dieser Satz [i.e die Erzählung ‹Bodenloser Satz›], der sich in den Boden gräbt, bis er ihn verliert, ist Literatur immer eine Grabung in die Schichten der Wirklichkeit, [...] in die Geschichte; ein Abräumen des falschen Bewusstseins, ein Freilegen tieferer Erfahrung: Archäologie. Sie muss auf den Grund, wo wir selber sind [...].»«Die Kunstproduktion gewinnt die Dimension einer Weltauseinandersetzung über das Produzieren überhaupt. [...] Die Kunst wird Form der Überlebensstrategie, der Überlebenskunst.»

Volker Braun sprach in seinen Vorträgen darüber, wie ein geschichtlicher, gesellschaftlicher Raum den Dichter ‹erzeugt›. Sein Gedicht Benjamin in den Pyrenäen kommentierend, forderte er, dass die Kunst «Gegenwelten» entwerfen müsse, «die in unsere Welt ragen oder sich in ihr erheben». Literatur sei «Stellungnahme in einem Interessenstreit», aber nicht «aus der Angst vor den Katastrophen zu gewinnen, sondern vornehmlich aus der Lust auf neue Produktivität». Volker Braun (* 1939 in Dresden) schreibt Lyrik, Theaterstücke und Erzählungen. 1965 holte ihn Helene Weigel ans Berliner Ensemble, wo sein erstes Stück (Die Kipper) inszeniert wurde; kurz darauf wurde es verboten. Auch weitere Texte konnten nur mit Verzögerungen veröffentlicht werden. Nach der Wende war Volker Braun einer der am meisten befragten Kritiker der Wiedervereinigung. Seine Texte, Stücke und Gedichte thematisieren immer auch gesellschaftliche Verhältnisse (u.a. Training des aufrechten Gangs 1970; Hinze-Kunze-Roman 1985; Bodenloser Satz 1988; Tumulus 1999).

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Volker Braun

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